Kollektive Interventionen

Die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben, trennen uns immer weiter voneinander. Es ist deshalb schon eine politische Intervention an sich, Kollektivität herzustellen und zu entwickeln. Dazu gehört die Erkenntnis, dass keine Erfahrung, kein Gedanke und keine Analyse tatsächlich ganz alleine gemacht wird. Dabei ist klar, dass unser Standpunkt ein subjektiver ist, wir also nicht den Anspruch erheben, für jede Frau, für jede queere Person zu sprechen. Gleichzeitig ist der subjektive Blick gespeist aus vielen Perspektiven und Erfahrungen. Kollektivität zu entwickeln heißt aber auch, sie sichtbar zu machen, etwa im gemeinsamen Publizieren.

Hier entsteht eine Sammlung unserer Texte, Kommentare und Artikel. Veröffentlicht wurden sie mal unter einem einzigen Namen, aber meistens unter beiden. Entstanden sind sie immer im Austausch miteinander und mit vielen weiteren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere gemeinsamen Diskussionen und Denkprozesse uns der Erkenntnisgewinnung oft ein Stück näherbringen. Zudem sind wir nun seit einigen Jahren gemeinsam in marxistischen, feministischen und marxistisch-feministischen Zusammenhängen aktiv, innerhalb der Partei DIE LINKE, aber auch als LINKE außerhalb. Das gemeinsame Organisiertsein ist für uns unerlässliche Voraussetzung von eingreifendem Denken und Handeln.

Deshalb zielen unsere Texte auch darauf in aktuelle Debatten und Bewegungen zu intervenieren. Unser Anspruch ist, nicht allein das Offensichtliche zu beschreiben, sondern Erklärungen für Zustände und Ereignisse zu finden, die aus dem weniger Offensichtlichen herrühren. Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen von Frauen und Queers, die weniger in der Lage sind, sich Freiheiten durch Geld und Macht zu erkaufen. Sondern jene, die aufgrund der kapitalistischen Ausbeutung und der patriarchalen und rassistischen Gewalt an den Rand dieser Gesellschaft gedrängt wurden und werden. Unser Anspruch ist, eine Perspektive stark zu machen, die in der dominierenden Gesamterzählung noch immer fehlt, eben weil sie als Besonderes ins Private verschoben und damit vom scheinbar Universalen in der öffentlichen Sphäre und Politik abgetrennt wird. Es ist aber genau der Standpunkt, von dem aus der Status Quo in Bewegung gesetzt werden kann.

Kerstin Wolter arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der LINKE-Ko-Vorsitzenden Janine Wissler. Sie hat das Bündnis für den »Frauen*kampftag« am 8. März und das Berliner Komitee für einen feministischen Streik mitgegründet. Sie ist Ko-Vorsitzende von DIE LINKE.Friedrichshain-Kreuzberg.

Alex Wischnewski hat das Netzwerk Care Revolution und das Berliner Komitee für einen feministischen Streik mitgegründet. Aktuell ist sie aktiv bei der Plattform #keinemehr gegen Femizide und Mitglied in der Partei DIE LINKE. Sie arbeitet für die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu transnationalen feministischen Bewegungen, die hier vertretenen Ansichten sind jedoch privat.

Kerstin Wolter (links) und Alex Wischnewski.
Foto: Franziska Stier